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DHZ-Redakteur Uli Meyer sprach anlässlich der WM-Vorbereitungen mit Franziska Gude WM-Halbfinale – "Das ist Allen Unkenrufen zum Trotz glaubt Franziska Gude, die Kapitänin des deutschen Damen-Nationalteams, an ein gutes Abschneiden bei der Weltmeisterschaft in Perth DHZ: Nach dem Trainerwechsel von Berti Rauth zu Peter Lemmen hat es eineinhalb Jahre gedauert, ehe die Nationalmannschaft eine feste Kapitänin bekommen hat. Warum so lange? Gude: Wenn man sich am Anfang nicht so gut kennt, dann muss man eben auch eine gewisse Zeit suchen, ehe die richtige Person gefunden wird. Deswegen hat Peter mal diese und mal jene Spielerin als Kapitänin über eine Maßnahme hinweg ausprobiert. DHZ: Wie kam es, dass er sich nun für Sie entschieden hat? Hat Peter Lemmen Sie vorher gefragt, oder sind Sie von seiner Entscheidung überrascht worden? Gude: Er hat mich gefragt, und es hat sich einfach auch ein wenig ergeben. Wichtig ist, dass man gut kommunizieren kann mit dem Trainer und der Mannschaft. Ich denke, dass das bei uns ganz gut klappt. DHZ: Das Kapitänsamt – Ehre oder Verpflichtung? Gude: Beides. Einerseits ist es wirklich eine Ehre, solch ein Amt zugeteilt zu bekommen, andererseits ist es auch eine große Aufgabe und Herausforderung. DHZ: Im männlichen Bereich agiert mit Florian Kunz ein im wahrsten Sinne des Wortes überragender Kapitän. Haben die Damen ebenso einen Häuptling, oder brauchen sie gar keine solche Figur, der die Truppe führt? Gude: Ein Unterschied ist sicherlich, dass ich keine Ecken schlenzen kann, wie Florian das macht. Das ist bei den Herren optimal, wenn jemand mit solch einer Standardsituation die anderen mitreißen kann, indem er die Dinger reinmacht. Jemanden zu haben, der der Kopf der Mannschaft sein kann, ist wichtig. Und in unserem Fall denke ich schon, dass ich diese Aufgabe erfüllen kann. Peter hat sich das sicherlich gut überlegt. Wenn man eine zentrale Spielposition besetzt, wie das bei mir der Fall ist, dann ist es auch etwas einfacher, eine Führungsrolle auszuüben. Man kann auf dem Spielfeld alle Seiten verbal gut erreichen. Aber Mannschaftsführer ist bei uns nicht derjenige, der ein Spiel mit seinen Toren entscheiden muss. Ich sehe die Aufgabe eher darin, dafür zu sorgen, dass sich jedes Mannschaftsmitglied optimal einbringen und seine besonderen Fähigkeiten ausspielen kann. Bei mir sind das eher Fähigkeiten, die im Abwehrbereich oder auch mal in überraschenden Vorstößen liegen. DHZ: Wo steht die deutsche Mannschaft in der Vorbereitung auf die WM? Gude: Vergangenes Jahr und auch zu Beginn des WM-Jahres 2002 waren die Ergebnisse ja noch eher ernüchternd. Ich denke, dass wir diese Resultate zwar nicht außer Acht lassen sollten, aber im Grunde genommen haben wir erst Ende Juli richtig mit der WM-Vorbereitung angefangen. Und ab da kann man auch erst richtig zählen. Weil jetzt wirklich alle Spielerinnen zusammen sind und jetzt bis zur WM praktisch niemand mehr irgendwelche beruflichen Verpflichtungen hat. Deshalb kann man erst jetzt so richtig sehen, was in der Mannschaft steckt. Ich bin da ziemlich optimistisch. Beim Turnier im August in Bremen hat schon einiges gut funktioniert, da ist schon mancher Trainingsinhalt schnell und erfolgreich umgesetzt worden. Wenn das so gut weitergeht, habe ich auch überhaupt keine Bedenken, dass wir bei der WM ein ernst zu nehmender Gegner sein werden. DHZ: Ihr Trainer hat ähnliches gesagt: Die Vorergebnisse aus 2001 und Frühjahr 2002 sind vergleichsweise uninteressant im Vergleich zur Arbeit der letzten drei bis vier Monate hin zur WM. Will Lemmen die zahlreichen negativen Resultate ausblenden? Gude: So etwas wurmt ganz einfach, wenn wir im Prinzip nicht schlecht spielen, aber trotzdem immerzu verlieren, wie das beispielsweise beim Turnier im April in Japan der Fall war. Ich kann nur sagen, dass unsere Motivation durch die Niederlagen eher gewachsen als gesunken ist. Aber alles wird natürlich auch nach außen hin glaubwürdiger, wenn entsprechend bessere Resultate erzielt werden, wie das zuletzt der Fall war. Die Arbeit von Peter beginnt jetzt Früchte zu tragen. DHZ: Fakt ist aber auch, dass die deutschen Damen zwei Jahre lang keine Champions Trophy gespielt haben. Fehlt da nicht für eine erfolgreiche WM einfach die Erfahrung eines internationalen Turnieres auf ganz hohem Niveau? Gude: Sicherlich. Man hat natürlich ein viel höheres Selbstwertgefühl, wenn man einmal ein so großes Turnier mitgemacht hat. Ich habe das selbst erlebt, und einige Spielerinnen unseres Kaders besitzen diese Erfahrung tatsächlich nicht. Aber vielleicht gehen diese dann umso motivierter und unbelasteter an die kommenden Aufgaben heran. Ich habe da eine optimistische Einstellung. Und nachträglich ändern können wir den Verlauf der vergangenen eineinhalb Jahre mit der Verlegung der Champions Challenge und dann unserer notgedrungenen Absage auch nicht mehr. Wir müssen es so hinnehmen, wie es ist. Und vielleicht kann man ja auch Positives daraus ziehen. DHZ: Beispielsweise? Gude: Die Nichtteilnahme an der Champions Trophy würde ich gar nicht einmal als so tragisch sehen. Wenige Monate vor Sydney 2000 standen wir bei der Champions Trohy im Finale, und das hat uns bei Olympia im Endeffekt nichts gebracht, hatte vielleicht sogar eher einen negativen Effekt. Schade war sicherlich, dass wir im Neuaufbau unserer Mannschaft die Champions Challenge nicht bestreiten konnten. DHZ: Viele Jahre sind deutsche Damen- und Herren-Nationalteams zu internationalen Meisterschaften mit der Maßgabe gefahren: Erst mal ins Halbfinale und dann mal schauen. Gilt das jetzt auch? Gude: Es wird diesmal auf jeden Fall schwieriger, und trotzdem bin ich ziemlich optimistisch. Meiner Meinung nach gab es in der Vergangenheit schon manches Turnier, wo deutsche Damenmannschaften gar nicht so toll gespielt haben und trotzdem ziemlich weit gekommen sind. Ich glaube, wir sind auf einem richtigen Weg, die Grundlagen erst einmal wieder zu stärken. Und vielleicht hat unser Neuaufbau auch den positiven Effekt, dass die Gegner uns nicht mehr so in- und auswendig kennen. DHZ: Gibt es eine Zielsetzung für Perth? Gude: Ja, sicherlich. Man möchte irgendwo hin gelangen, das ist ja auch der Reiz eines solchen Turnieres. Ich glaube, es ist für unsere Mannschaft die Chance da, ins Halbfinale zu kommen. Das ist auch ganz klar unser Ziel. DHZ: Wenn man die Erwartungen zu hoch ansetzt, besteht nicht auch die Gefahr des frühen Rückschlages? Gude: Es gibt zweierlei: die Erwartung auf eine Endplatzierung und die Erwartung von Spiel zu Spiel. Wenn wir wie im August in Bremen unsere beiden WM-Auftaktspiele gegen Russland und Korea gewinnen, dann sieht das schon gut aus. Aber natürlich wird jedes Spiel sehr schwer. Man darf gespannt sein. DHZ: Viele geben Deutschland keine Chance, sich in der Vorrunde gegen die beiden aktuellen Finalisten der Champions Trophy, China und Argentinien, durchzusetzen. Gude: Wie gesagt, zunächst einmal kommt es auf einen guten Start an. Wenn wir etwas zu melden haben wollen, müssen wir die ersten beiden Spiele gewinnen. Das wird entscheidend sein für unser weiteres Abschneiden. Bei China bin ich gespannt. Sicherlich gaben sie bei der Chamnpions Trophy gut gespielt, aber es war in ihrer Heimat, bei gewohntem Umfeld und gewohnten Temperaturen. Werden sie auch woanders wirklich so stark sein? DHZ: Sieben Gruppenspiele ist ein Riesenpensum. Gude: Ein einziges Spiel kann jede Mannschaft sehr gut bestreiten, aber diese gute Leistung dann auch im fünften, sechsten oder siebten Spiel noch abrufen zu können, das ist die Kunst und zugleich auch ein schmaler Grat. Manche Teams werden zum Ende hin wahrscheinlich abbauen. Das passiert uns hoffentlich nicht. Wir haben viel Ausdauertraining gemacht. DHZ: Gerade deutschen Damen-Nationalteams wurde in der Vergangenheit oft athletische Defizite gegenüber der absoluten Weltspitze nachgesagt. Gude: Ich denke schon, dass wir in diesem Bereich aufgeholt haben und dass man das auch in der jüngeren Vergangenheit gesehen hat. Meiner Meinung nach ist in unserer Mannschaft hier wesentlich mehr und wesentlich konsequenter gearbeitet worden, als das vorher der Fall war. DHZ: War es jedem klar, dass speziell die Monate vor der WM extreme Belastungen mit sich bringen? Gude: Wem das nicht klar war, der hat es spätestens an den schweren Beinen gespürt, die man nach den Stützpunkten hatte. Jede Spielerin kannte das Programm. Und wichtig war auch, dass eine positive Stimmung herrscht und dass es trotz aller harten Trainingseinheiten Spaß macht, in diesem Kreis dabei zu sein. DHZ: Peter Lemmen hat vor allem im ersten Jahr seiner Arbeit Dinge in die Lehrgangsarbeit eingebracht, die vordergründig nichts mit Hockey zu tun haben. Haben Klettergarten oder Bootstouren der Mannschaft etwas gebracht? Gude: Nach Sydeny gab es bei den Damen – anders als im Herrenbereich – einen viel größeren personellen Umbruch. Viele Spielerinnen des neuen Kaders kannten sich zum damaligen Zeitpunkt auch gar nicht richtig. Von daher waren diese Maßnahmen schon sehr wichtig und hilfreich, zumal auch Dinge dabei waren, die jedem ganz persönlich viel bringen, wo man vor Extremsituationen gestellt wurde und diese dann meistern lernte. DHZ: Kritiker sprachen davon, dass die Mannschaft statt dessen lieber etwas mehr Hockey hätte machen sollen. Gude: Ich würde nicht sagen, dass das eine Zeitverschwendung war. Gerade bei einer Damenmannschaft ist es ganz wichtig, dass das Drumherum stimmt, um wirklich zu harmonisieren. Dieses sich intensive Kennenlernen und dadurch der Aufbau von gegenseitigem Vertrauen hat viel dazu beigetragen, dass eine wirkliche Mannschaft entstanden ist. DHZ: Ist die WM 2002 nur eine Durchgangsstation auf dem Weg zu Olympia 2004? Gude: Der Begriff ist irreführend. Die bevorstehende Weltmeisterschaft ist ein entscheidender Wegweiser für das deutsche Damenhockey. Von unserem Abschneiden in Perth hängt viel ab, beispielsweise der Umfang der finanziellen Förderung für die kommenden zwei Jahre bis zu den Olympischen Spielen. Deswegen ist es für uns sehr wichtig, eine möglichst gute WM zu spielen.
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