Damen-Bundestrainer Markus Weise:

„Haken dran und fertig; die EM läuft auf anderem Level“


Zum Abschluss der Großveranstaltung in Amstelveen unterhielt sich die DHZ mit Damen-Bundestrainer Markus Weise.
Wir danken der Deutschen Hockey-Zeitung für die Erlaubnis, dieses Interviews hier zu veröffentlichen.



DHZ: Ihr Fazit des Vier-Nationen-Turniers?

Weise:
Wir haben gesehen, dass wir an dem Niveau der weltbesten Mannschaften derzeit nicht dran sind. Wir hatten in keinem der vier Spiele eine realistische Siegchance, aber nur das 0:6 gegen Argentinien war ein wirklicher Dämpfer. Vielleicht kam das nach den vorangegangenen Siegen bei der Champions Challenge und den EM-Tests in Rotterdam und Spanien auch ganz gut, wieder mal die Grenzen aufgezeigt bekommen zu haben.

DHZ: Gab es auf weiblicher Seite keine Diskussion über die unselige Verquickung der Termine?

Weise:
Das war auch für uns eine zweischneidige Sache. Aber ich gebe zu bedenken, dass wir nur vier und nicht wie die Herren sechs Spiele hatten. Ideal war der Zeitpunkt sicherlich nicht, doch ich glaube nicht, dass dadurch eine gute EM gefährdet ist. Außerdem war es für die Damen die selten gewordene Gelegenheit, sich mit den Besten der Welt zu messen. Mit der australischen A-Mannschaft war es beispielsweise das erste Aufeinandertreffen seit drei Jahren. Das sind die Vergleichsspiele, die wir unbedingt brauchen, um mittel- und langfristig voranzukommen.

DHZ: Aber kurzfristig steht die Europameisterschaft an. Könnten sich die Ergebnisse von Amstelveen nicht sogar negativ auswirken?

Weise:
Das haben wir in der Abschlussbesprechung geklärt, dass wir an die Amstelveen-Ergebnisse einen Haken dranmachen und fertig. Ich bin mir sicher, dass alle Beteiligten diesbezüglich auch unterscheiden können und genau wissen, dass viele Spiele bei der EM in Barcelona auf einem ganz anderen Level ablaufen werden als jetzt in Amstelveen. Wir werden in vielen Spielen mehr Kontrolle haben, aber sicherlich auch mit unangenehmen Gegnern wie Ukraine, Irland und Wales zu tun haben, die man erst alle mal schlagen muss. Wenn alles normal läuft, müsste die Partie gegen England das Endspiel um den Gruppensieg sein.

DHZ: Wie lautet Ihre Zielsetzung für die EM 2003?

Weise:
Das Erreichen des Halbfinales ist das primäre Ziel. Und dann muss man eben sehen, was noch geht.

DHZ: Im Sinne der direkten Olympia-Qualifikation hilft nur der EM-Titel. Ein Wunschtraum?

Weise:
Es ist tatsächlich nicht gerade realistisch, dass wir in Barcelona Europameister werden. Von daher müssen wir wohl den Weg über das Qualifikationsturnier im März in Neuseeland einkalkulieren, um nach Athen zu gelangen.

DHZ: Wer die Holländerinnen in der vergangenen Woche gesehen hat, kann sich kaum vorstellen, dass diese Mannschaft in Europa derzeit ernsthaft zu gefährden ist. Denise Klecker meinte, die deutsche Mannschaft müsste da schon über ihre Grenzen hinausgehen, um diesen Gegner bei der EM schlagen zu können.

Weise:
Da hat sie völlig recht. Das klappt nur, wenn man sich hundertprozentig an die ausgegebene Taktik hält und Grenzen überwindet, was Willen, Lauf- und Kampfbereitschaft angeht. Mit Dienst nach Vorschrift erreicht man da nichts.

DHZ: Das deutsche Damenteam präsentierte sich gerade bei der WM 2002 als äußerst stresslabil in wichtigen Spielen.

Weise:
Der Einfluss von außen ist limitiert. Aber ich denke, dass wir auf einem guten Weg sind, und schon Barcelona wird zeigen, wie stabil wir sind. Die Arbeit des seit einigen Monaten mit dem Team tätigen Psychologen Axel Esser ist gut und griffig. Dennoch sollte man hier kurzfristig nicht zuviel erwarten. Es ist ein Prozess in Gang gesetzt worden, aber ähnlich wie bei der Reduzierung der unverkennbaren läuferischen Defizite wird das einige Zeit dauern, ehe wir mit den Besten der Welt wirklich wieder konkurrieren können. Das könnte drei bis fünf Jahre dauern.



Uli Meyer

 

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