Spielerportrait: Sebastian Biederlack

Wuschelkopf auf Titeljagd

Herbst - die Zeit der Ernte. Auch für Sebastian Biederlack. Nach dem DM-Titel mit Alster Hamburg würde der 20-Jährige am liebsten noch die Junioren-WM und die Champions Trophy gewinnen.

Text: Uli Meyer


"Der ist kaum müde zu kriegen", beschreibt Uli Forstner eine der herausragenden Eigenschaften von Sebastian Biederlack. Meint der Junioren-Bundestrainer damit in erster Linie die "sehr guten Ausdauerwerte" seines rechten Mittelfeldspielers, so sieht Forstner auch noch eine andere Komponente des Zitates. Biederlack sei einer mit ganz großem Ehrgeiz und professioneller Grundeinstellung bei der Ausübung des Amateur-Hochleistungssportes Hockey. Ohne solch eine positive Einstellung würde es wohl auch kaum klappen, ein Programm durchzustehen - körperlich und mental -, wie es in diesem Jahr eine Handvoll begabter deutscher Junioren-Nationalspieler mitmacht. Da ist nicht nur als Basis das Vereinshockey in der Bundesliga und im Nationaltrikot die intensive Vorbereitung auf die U 21-Weltmeisterschaft, sondern auch die Beteiligung an diversen Lehrgangs- und Länderspielmaßnahmen der deutschen Herren-Auswahl. Herren-Bundestrainer Bernhard Peters hat Sebastian Biederlack in Hamburg beim Panasonic-Masters ins A-Team geholt und führt den Hamburger wie knapp 30 andere auf der so genannten Kandidatenliste für den A-Kader. Einen festen Platz im Elitekader hat Biederlack wie vergleichsweise seine Alterskameraden Weißenborn oder Witthaus noch nicht, doch gehört "Buddy" nach bislang zehn A-Einsätzen durchaus zum engeren Kreis der Anwärter, die für die wenigen noch wirklich freien Plätze im 18er-Kader für die Herren-Weltmeisterschaft 2002 in Frage kommen. Empfehlen kann sich Sebastian Biederlack dafür auf verschiedene Weise. Im Vereinstrikot ist ihm das schon gelungen. Dass der Club an der Alster vor wenigen Wochen Deutscher Meister wurde, ist maßgeblich Biederlack zu verdanken, der "am Ende der Saison mit unser stabilster und bester Spieler war" (Alster-Trainer Jo Mahn). Die Auszeichnung zum besten DM-Endrundenspieler (u. a. ein Votum des Bundestrainers), vor allem nach der Weltklasseleistung im Halbfinalduell gegen den koreanischen Stürmerstar Song, hat den Wuschelkopf noch weiter in den Vordergrund gerückt. In Hobart am anderen Ende der Welt verfolgt Sebastian in diesen Tagen zweierlei Ziele. Zum einen will er mit den deutschen Junioren den Weltmeistertitel holen, andererseits durch eine persönlich gute WM-Leistung den auf der Tribüne beobachtenden Herren-Bundestrainer davon überzeugen, dass Biederlack in das deutsche Team für die Champions Trophy gehört. Das wären dann zwei Großveranstaltungen und zugleich die beiden sportlichen Jahreshöhepunkte im Abstand von nicht einmal zwei Wochen. Eine "interessante und schwierige Herausforderung" nennt das der 20-Jährige, gerne bereits, diese Doppelprüfung auf sich zu nehmen. Das Abitur hat Sebastian Biederlack seit Frühsommer in der Tasche. Zuletzt konnte er sich voll auf Hockey konzentrieren und - was ihm wohl besonders gut getan hat - "morgens imer lange ausschlafen". Der Antritt zum Zivildienst ist auf 1. November datiert. "Wenn der DHB mich braucht, dann habe ich eben gleich frei", sieht Biederlack kein Problem im Falle einer Nominierung für die Champions Trophy (3. bis 11. November). Eigentlich ist Sebastian Biederlack ein unscheinbarer Typ, einer, den man angesichts der geringen Körpergröße und des schmächtigen Leibes normalerweise übersieht. Doch dass im Hockey andere Dinge wichtiger sind, zeigt das Beispiel Biederlack. Mit seiner "hervorragenden Ballannahme und -sicherung, seiner Kreativität und Schnelligkeit" (Uli Forstner) sowie seiner "unglaublichen Geschicklichkeit im Zweikampf und der Fähigkeit, Situationen sehr früh zu erkennen" (Jo Mahn) hat sich der so gepriesene Spieler seine Position erobert. Zur Feldsaison 2000 ist Biederlack, der 1996 sein erstes Jugendländerspiel bestritt (bis zur Junioren-WM sind 67 Einsätze im DHB-Nachwuchs zusammen gekommen), von seinem Heimatverein Rissener SV zum damals amtierenden Deutschen Feldmeister Club an der Alster gewechselt. Weil Trainer Mahn gerade keinen Linksverteidiger hatte, setzte er den talentierten Jüngling ("Eigentlich spiele ich lieber im Mittelfeld") auf dieser Position ein. Ein Glücksgriff. Biederlack gewann den Landesmeister-Europacup 2000 und nun die DM 2001. Kein Linksverteidiegr der Bundesliga, ist Jo Mahn überzeugt, interpretiert diese Position so offensiv. "Die Topstürmer der Gegner müssen oft ihm hinterherlaufen, nicht umgekehrt", feixt der Alster-Coach über die vertauschten Rollen. Wie Alster-Neuzugang Michael Waldhauser auf der rechten Verteidigerseite sei Sebastian Biederlack "der Shootingstar der Saison" (Mahn). Und was den Trainer am meisten freut: "Der bleibt trotz der Erfolge total auf dem Teppich, ist ein bodenständiger, bescheidener Typ."

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